Deutsche Spuren in Fujian – Ein klangvolles Unterrichtsprojekt im Schreibkurs

 

 

Das didaktisch-methodische Prinzip der Aufgabenorientierung im Sinne von lerneraktivem, aufgabenbasiertem Lernen und möglichst authentischer Kommunikation ist innerhalb der letzten Jahrzehnte – zumindest im deutschen und englischsprachigen Sprachraum – zu einem festen Bestandteil der fremdsprachdidaktischen Forschung geworden und stellt ein einflussreiches Konzept dar. Laut dem gegenwärtigen Konsens innerhalb der Fachdidaktik sollten die Lernenden daher im Mittelpunkt des Geschehens stehen und Unterricht möglichst aktiv mitgestalten, um prozedurale und persönlichkeitsbezogene Kompetenzen effektiv zu entwickeln.

Um den Germanistik-Studierenden im 6. Semester/Bachelor an der Universität Xiamen die Gelegenheit zu einem authentischen und inhaltsbezogenen Austausch im Sinne der Aufgabenorientierung zu bieten, wurde ein Unterrichtsprojekt mit dem Fokus auf der Erstellung von Podcasts in den Schreibkurs integriert. Die 22 Studierenden wurden dazu ein Semester à 2 Semesterwochenstunden lang angeleitet, eine Podcast-Serie im Genre Storytelling zum Thema Deutsche Spuren in Fujian zu erstellen, wodurch sie nicht nur ihre schriftsprachlichen Kompetenzen auf lexikalischer, grammatischer, pragmatischer, syntaktischer und semantischer Ebene entwickelten, sondern auch in generische, thematische, sprachliche, stilistische und technische Elemente des Podcastings eintauchten.

Ein besonderer Aspekt des Projekts war die Schaffung eines kultur-historischen Austauschs mit der deutschsprachigen Zuhörerschaft. Die Studierenden hatten die Möglichkeit, ihre erstellten Podcasts einem breiteren Publikum zu präsentieren und so einen realen Beitrag zum kulturellen Austausch basierend auf den Forschungsergebnissen zu Fujian und die chinesisch-deutschen Beziehungen vor 1949 von Prof. Liu Yue et al. zu leisten.

Ein strukturierter Arbeitsplan führte die Studierenden durch verschiedene Phasen, beginnend mit der Auseinandersetzung mit dem Gegenstand „Podcast“. Dies erfolgte durch das Lesen wissenschaftlicher Texte, die eine theoretische Grundlage für die praktische Umsetzung ebneten. Ergänzend dazu folgte die Analyse von Statistiken und Schaubildern, um ein fundiertes Verständnis für den Podcast als Medium, dessen Entwicklung und Nutzung sowie die Sensibilisierung für Urheberrechte und Creative Commons zu entwickeln.

Dieser theoretische Hintergrund bildete die Basis für die Phase der Erstellung einer eigenen Podcast-Folge. Um die Studierenden bei der Realisierung dieses Schrittes zu unterstützen, erfolgte weiterhin die Analyse eines Beispiel-Podcasts im Genre Storytelling, um sprachliche Mittel, akustische Elemente und Techniken zu identifizieren, die für die Ästhetik von Podcasts charakteristisch sind.

Im nächsten Schritt lag der Fokus auf der praktischen Umsetzung und kreativen Gestaltung. Die Studierenden erstellten ein Intro und Outro für ihre Podcast-Serie und verfassten ein Skript, das eine gründlichen Recherche von relevanten Informationen zu Menschen aus Deutschland, die im 20. Jahrhundert in Fujian lebten, voraussetzte.

Die abschließende Phase beinhaltet die Post-Produktion, bei der die aufgenommenen Inhalte bearbeitet und zu einer professionellen Podcast-Serie zusammengestellt wurden. Dieser Prozess verlangte neben dem im Unterricht erlernten technischen Know-how auch eine kritische Bewertung der eigenen Arbeit im Vergleich zu den erworbenen theoretischen Kenntnissen.

Durch diesen umfassenden Arbeitsplan erhielten die Studierenden nicht nur Einblicke in die praktische Umsetzung zur Erstellung von Podcasts im Storytelling-Genre, sondern entwickeln auch wichtige Fähigkeiten in den Bereichen Textanalyse, Recherche, multimodales Schreiben, Aufnahme- und Postproduktionstechniken. Zudem wurden gleichzeitig prozedurale Teilkompetenzen wie Hörverstehen, mündlicher Ausdruck und Leseverstehen aber auch persönlichkeitsbezogene Kompetenzen wie Sozialkompetenz, Lernerautonomie, Medienkompetenz, kulturelle Sensibilität sowie Peer-Review und Selbstkorrektur gestärkt.

Anhand der Lerntagebücher, die am Semesterende von den Studierenden verfasst wurden, ließ sich trotz der sprachlichen Herausforderung wissenschaftliche Inhalte in eine neue Textsorte – Storytelling – zu übersetzen, ein großer Zuspruch für dieses Unterrichtsprojekt erkennen.

Als besonders positiv empfunden wurde vor allem die Arbeit an der gemeinsam Podcast-Episode in der Gruppe, aber auch die Möglichkeit mit der Fremdsprache etwas für die deutschsprachige Gesellschaft erschaffen zu haben. Mehrere Studierende merkten an, dass es beim Schreiben des Skriptes nicht nur darum ginge, eine Geschichte zu erzählen, sondern auch darum, das Publikum mittels rhetorischer Fragen sowie das Teilen von Emotionen aktiv einzubeziehen. Sie plädierten dafür in Zukunft ähnliche Projekte im Unterricht zu realisieren, gerade weil sie am Ende etwas erreicht haben, was sie am Anfang nicht für möglich hielten. Ein Student schrieb sogar, dass „dieses Semester zweifellos ein ertragreiches Semester“ gewesen sei und das Unterrichtsprojekt „eine unvergessliche Erinnerung in [s]einem Leben sein wird“.

Dies soll auch andere Dozent_innen ermutigen, ähnliche Unterrichtsprojekte trotz der Herausforderungen, die das multimodale Schreiben mit sich bringt, im Fremdsprachenunterricht umzusetzen. Es wäre wünschenswert ähnliche Podcast-Serien zu produzieren sowie das didaktisch-methodische Prinzip der Aufgabenorientierung in weiteren Kursen zu implementieren.

 

Katharina Quicker

 

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