Deutsch ins chinesische Klassenzimmer - Didaktik-Workshop an der Fudan-Universität
Was war die größte Herausforderung, eine eigene Unterrichtsstunde zu entwerfen? Zu entscheiden, welcher Inhalt an welchem Punkt einer Unterrichtsstunde platziert sein muss, damit die SchülerInnen immer den nächsten Schritt bewältigen können – da sind sich viele der Teilnehmenden einig, nachdem sie ihre selbst erarbeitete Stunde vorgestellt haben. In einem 6-stündigen Workshop-Marathon lernten die TeilnehmerInnen Grundwissen der Sprachdidaktik kennen, auf Einladung von DAAD-Lektor Daniel Simon am Samstag an der Fudan-Universität bei ihm, DAAD-Lektorin Melanie Späthe und Kristof Rostoski, Lehrer am Goethe-Jinchuang Sprachlernzentrum. Sie beschäftigten sich mit den Fragen, wie man Unterricht plant, für verschiedene Zwecke Aufgaben erstellt, wie eine Lehrkraft für sich die eigene Rolle definiert und wie man Unterrichts handlungsorientiert gestalten kann. Gerade dass die Aktivität der SchülerInnen im Mittelpunkt stehen soll, war ein Fokus der Veranstaltung. War es traditionell in der chinesischen Bildung oft so, dass die Lehrkraft das Wissen übermitteln solle und die SchülerInnen die Empfänger, die es passiv in sich aufnehmen sollten, wird seit einiger Zeit der Unterricht immer interaktiver – eine Entwicklung, die dieser Workshop unterstützen wollte.
Teilnehmen konnten alle interessierten Germanistik-Studierenden aller Shanghaier Universitäten ab dem zweiten Bachelor-Jahrgang. Nachdem sie am ersten Tag eine Menge Input bekommen haben, war es in einem zweiten Schritt an Ihnen, aktiv zu werden. In Kleingruppen planten sie zum Sonntag eine Deutschstunde mit einem Lehrwerk für die Mittelschule zu einem vorgegebenen Thema. Nicht nur haben sich alle Gruppen intensive Gedanken gemacht, was die Ziele der jeweiligen Stunde sind und wie man den Inhalt arrangieren und präsentieren muss, um das Ziel zu erreichen, auch hatten alle strukturierte, überlegte, kreative oder ganz persönliche Herangehensweisen an den Inhalt. In der Rückmeldung der Studierenden waren es vor allem die Fragen, wie man Vokabeleinführung, Textarbeit, Grammatikarbeit und alle Lernschritte anordnet, damit die SchülerInnen nicht einen Schritt gehen müssen, auf den sie noch nicht vorbereitet sind, und so klar zu kommunizieren, dass die SchülerInnen immer wissen, was sie machen sollen.
Im Nachgang des Workshops gehen die Studierenden nun an verschiedene Mittelschulen in Shanghai, die so großzügig waren und sich bereit erklärt haben, den Studierenden die Möglichkeit zu geben, in einem Praktikum Unterricht zu beobachten und in einer Unterrichtseinheit selbst vor der Klasse zu stehen und zu unterrichten. Das Wochenende war eine bereichernde Erfahrung für die Workshopleiter und -leiterin sowie – nach eigenem Bekunden – für die TeinehmerInnen. Oder in den Worten der Studierenden: „Inspiriert und müde“.