(Führungs-)Frauen aus der Wissenschaft

Der 8. März war der Internationale Frauentag und damit genau der richtige Zeitpunkt, die Portraitreihe der Spitzenfrauen des chinesisch-deutschen Alumninetzwerkes und des DAAD weiterzuführen. Dieses Jahr stellen wir Ihnen weitere drei (Führungs-) Frauen aus der Wissenschaft vor. Mit den Gesprächen und beeindruckenden Lebensläufen möchten wir andere Menschen, nicht nur Frauen, inspirieren, motivieren und für den akademischen Austausch gewinnen!

Dr. Muriel Helbig, Vizepräsidentin des DAAD, Präsidentin der TH Lübeck

Dr. Muriel Helbig wurde 1975 in Washington, DC geboren und wuchs in Deutschland, dem Libanon und den USA auf, bevor sie 1994 ein Studium der Psychologie an der Universität Potsdam begann. Ihre Promotion absolvierte sie anschließend in einem internationalen DFG-Graduiertenkolleg der Friedrich-Schiller-Universität Jena (2006).  Seit 2014 ist Dr. Muriel Kim Helbig Präsidentin des TH Lübeck. Als Vizepräsidentin des DAAD engagiert sie sich seit 2020 für den internationalen akademischen Austausch.

Hat der DAAD in seiner Förderpolitik im Hinblick auf Gendergerechtigkeit Strategien und wenn ja, welche? Wie sieht die Förderbilanz aus? Wo gibt es Verbesserungspotential?

Die Themen Diversität und Chancengerechtigkeit werden im DAAD großgeschrieben, dazu zählt selbstverständlich auch das Thema Geschlechtergerechtigkeit. Aktuell werden strategische Diversitätsziele und entsprechende kurz- und mittelfristige Maßnahmen erarbeitet, die ab dem Frühjahr 2022 im Rahmen einer institutionellen Diversitätsagenda implementiert werden sollen.

Im Rahmen seiner Förderungen weist der DAAD ein sehr ausgeglichenes Geschlechterverhältnis auf. Der Anteil der Frauen unter allen DAAD-Geförderten (Personen- und Projektförderung) lag für das Berichtsjahr 2020 bei fast 54%. Im Rahmen der Erasmus+ Calls 2018 und 2019 lag der Anteil der weiblichen Geförderten bei 62 %. Im Bewerbungs- und Auswahlprozess werden die Lebensumstände von Studierenden mit Kindern adäquat berücksichtigt.

Mit Blick auf das Sustainable Development Goal „Achieve gender equality and empower all women and girls“ hat der DAAD für die neue Legislaturperiode einen Programmvorschlag „Empower Women“ unterbreitet. Das Ziel des Programms ist es, die Repräsentanz von Frauen sowohl in akademischen als auch in unternehmerischen Führungsrollen in ausgewählten Pilotländern Afrikas und Lateinamerikas zu stärken.

Wie sieht es um die Gleichstellung von Frauen und weiblichen Studierenden/Mitarbeiterinnen an der TH Lübeck aus? Worauf arbeiten Sie hin? Wie versuchen Sie diese Ziele zu erlagen? Was hat es für Erfolge gegeben?

In den Führungspositionen und unter den Studierenden besonders technischer Studiengänge sind wir leider weit von einer Gleichstellung entfernt. Worauf arbeite ich hin? Dass Gleichstellung nicht als Frauenthema gesehen wird (und erst Recht nicht als Frage der Familienförderung!), sondern nur gelingen kann, wenn alle verantwortlich gemacht werden, Männer, Frauen, alle. Generell bin ich auch für eine Quote, beispielsweise bei Neubesetzungen. Eine Quote darf jedoch nicht zu Lasten der bereits anwesenden Minderheit gehen – beispielsweise bei der Besetzung von Berufungsverfahren, da hier die gesamte Last auf wenige Professorinnenschultern gelegt würde. In solchen Fällen bin ich beispielsweise für verbindliche Schulungen zur Gleichstellung für alle Mitglieder, unabhängig ihres Geschlechts. Hierfür arbeite ich mit der Gleichstellungsbeauftragten der Technischen Hochschule Lübeck zusammen, und wir versuchen zusätzlich, auch im politischen Raum Gehör zu finden. Erfolgreich waren wir in der Einwerbung von Drittmittelanträgen wie dem Professorinnenprogramm oder dem E-Quality Award. Aber insgesamt lässt sich festhalten: Es ist ein verdammt dickes Brett.

Sie sind Präsidentin einer technischen Hochschule – was hilft Ihnen persönlich diese wichtige Funktion mit Ihrer Rolle als Mutter zu vereinbaren?

Was mir persönlich hilft? Erstens: Die Einstellung, dass es selbstverständlich ist, auch als Mutter eine berufliche Karriere zu leben – ich bin „Rabenmutter“ in 3. Generation ;-). Zweitens: Die Überzeugung, dass auch Rabenmütter gute Mütter sind. Drittens: Ein Ehemann und Vater, der es selbstverständlich findet, dass Familie genauso seine Angelegenheit ist wie meine. Somit könnte man sagen: Meine wichtigste Karriereentscheidung war unsere Hochzeit. Viertens: Meine Kinder. Denen und uns miteinander geht es bestens.

Was ist rückblickend bislang die herausforderndste Situation, die Sie im Berufsleben bewältigen mussten?

Zu Beginn war es für mich tatsächlich eine herausfordernde Situation, vor (großen) Gruppen (frei) zu sprechen- das mache ich inzwischen richtig gerne. Später waren Konflikte herausfordernd. Ich musste lernen, sie nicht nur zu bewältigen, sondern auch als Chance zu nutzen. Das Einarbeiten in neue Positionen an neuen Institutionen ist immer herausfordernd und zeitintensiv, aber auch interessant und voller Freude. Die Frage ist ja: Was ist herausfordernd- und was ist belastend? Das sind zwei unterschiedliche Dinge. Herausforderungen finde ich gut und suche ich auch. Belastungen hingegen beobachte ich aufmerksam: Sind sie für mich hilfreich, aushaltbar oder krankmachend?

Welche Herausforderungen und Anforderungen erwarten Berufseinsteigerinnen zukünftig in der Forschung und wie können sie sich konkret darauf vorbereiten? Welchen Ratschlag haben Sie persönlich?

Der Druck für Berufseinsteigerinnen ist enorm hoch: Sich im beruflichen Umfeld finden und gleichzeitig die privaten Planungen unter einen Hut bringen. Da gibt es kein Geheimrezept, nur individuelle Lösungen. Mein Tipp wäre immer: Der Bauch hat Recht. Und: Augen und Ohren offenhalten, Peers, Freunde, Familie und Vorbilder immer wieder um Rat und Unterstützung bitten. Alle helfen gerne! Meinem jüngeren Ich würde ich zurufen: Ruhe bewahren, vertrau Dir.

Die Fragen stellte Ruth Schimanowski

Frau Prof. PAN Yaling, Mitglied des Anleitungskomitees für Germanistik als Studienfach an chinesischen Hochschulen und des wissenschaftlichen Beirats des „Interculture Journal“ sowie Redaktionsmitglied bei „Germanistische Kulturwissenschaften“

Prof. PAN Yalings Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen in den Bereichen interkulturelle (Wirtschafts-) Kommunikation, Vermittlung und Förderung interkultureller Kompetenz, interkulturelles Training, interkulturelle Sprachlehrforschung, Sprachlerntheorie und Dolmetschen Chinesisch/Deutsch und Auslandsgermanistik/ Deutsch als Fremdsprache.

Frau Professor PAN Yaling ist eine der wenigen chinesischen Expertinnen und Experten, die sowohl Anerkennung von Wissenschaftlern als auch von Politikern in Deutschland genießen. Am 24. Mai 2018 hat sie in Beijing als eine von acht Repräsentanten chinesischer Kulturschaffenden am Roundtable-Gespräch mit Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel teilnehmen dürfen. Ebenso wurde sie als eine Repräsentantin Chinas aus Kultur und Wissenschaft für ein Gespräch am Runden Tisch mit Frank-Walter Steinmeier, damals Außenminister, im April 2016 ausgewählt.

Name: Pan Yaling (潘亚玲)
Wohnort: Peking
Beruf: Professorin, Lehrstuhlinhaberin
Hochschule in Deutschland/im Ausland: Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Humboldt-Universität zu Berlin
Durch den DAAD-Gefördert: Aufbaustudium für hochqualifizierte Dolmetscher*innen und Übersetzer*innen der VR China im Fachbereich Angewandte Sprachwissenschaft

DAAD-Stipendienprogramm: Forschungs- und Arbeitsaufenthalte ausländischer Hochschuldozent*innen und Wissenschaftler*innen, Wiedereinladung für ehemalige Stipendiat*innen.

DAAD-Stipendienprogramm: Forschungs- und Arbeitsaufenthalte ausländischer Hochschuldozent*innen und Wissenschaftler*innen, Wiedereinladung für ehemalige Stipendiat*innen

Wussten Sie schon während Ihrer Studienzeit, dass Sie es nach Deutschland ziehen würde? Warum hatten Sie sich damals für Deutschland entschieden? Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an Ihre Förderzeit denken?

Ich habe an der Tongji-Universität mein Bachelor- und Masterstudium in Germanistik abgeschlossen. Als Germanistikstudentin träumte ich natürlich davon, in Deutschland zu studieren. Aber zu diesem Zeitpunkt – der 30 Jahren zurückliegt – gab es nur sehr wenige Möglichkeiten, ein Auslandsstudium anzutreten. Ich hatte das große Glück, dass ich Ende 1990 für das, von der University of International Business and Economics durchgeführte, Fortbildungsprogramm für hochqualifizierte Dolmetscher und Übersetzer der VR China am Fachbereich Angewandte Sprachwissenschaft der Johannes Gutenberg Universität Mainz ausgewählt wurde, so dass ich die Möglichkeit hatte, von 1991 bis 1993 in Deutschland zu studieren.

Anfang 1991 waren Deutschland und China in vielerlei Hinsicht noch sehr unterschiedlich. Ich bin daher sehr froh, dass ich während meiner 2-jährigen Studienzeit einen deutschen Freundeskreis aufbauen konnte, mit dem ich noch viele Jahre befreundet blieb. Mein tiefster Eindruck war zu diesem Zeitpunkt, dass wir, trotz unserer unterschiedlichen kulturellen Prägungen, als Menschen einander sehr nahekommen können. Das war für mich eine wunderbare Erfahrung.

Wenn Sie nun an Ihre Deutschlandaufenthalte zurückdenken: Gibt es Situationen, die Sie besonders geprägt haben?

Was mich während meiner Studienaufenthalte in Deutschland besonders geprägt hat, waren weniger das eine oder das andere Ereignis, sondern vielmehr die Menschen, die ich in Deutschland näher kennen- und zu schätzen gelernt habe; und der stetige Interaktionsprozess mit ihnen, der Kommunikation und Integration unterschiedlicher Perspektiven erforderte. Im Prozess der interkulturellen Kommunikation mit ihnen habe ich meine interkulturelle Lernkompetenz entwickeln können.

Sie haben Ihr berufliches Leben der Forschung und Lehre gewidmet: Wie haben Ihre persönlichen Auslandsaufenthalte dazu beigetragen?

Mein Interesse an der Erforschung und Vermittlung interkultureller Kompetenz hat sich hauptsächlich wegen meiner persönlichen und beruflichen Erlebnisse der interkulturellen Kommunikation entwickelt. Nicht nur wurden bei meinen vielen Studien- und Forschungsaufenthalten in Deutschland mein Interesse und meine Neugierde geweckt, sondern es wurde auch meine Freude am interkulturellen Lernen entwickelt.  Ich kann täglich ebendiese Freude am interkulturellen Lernen in meine Forschung zu Fragen der interkulturellen Kommunikation einfließen lassen.

In der heutigen globalisierten Welt, in der die interkulturelle Kommunikation immer stärker in den Vordergrund rückt, wächst der Wunsch, die Qualität der interkulturellen Kommunikation, die komplex ist und ständigen Wandlungsprozessen unterliegt, zu verbessern. Das Fremdsprachenstudium sollte Studierenden nicht nur die Kultur der Zielsprache vermitteln, sondern ihnen auch die Möglichkeit geben, diejenigen Schlüsselkompetenzen zu erwerben, die es ihnen ermöglicht, mit komplexen Veränderungsprozessen in der interkulturellen Praxis zurechtzukommen. Die oben genannten Erfahrungen und Erkenntnisse stellen Grundlage meiner Arbeit dar und ebendiese Erfahrungen und Erkenntnisse sind auch der Grund dafür, dass ich „interkulturelle Kompetenz“ zu einem Schwerpunkt meiner Forschung und Lehre gemacht habe.

Was verstehen Sie unter dem komplexen Begriff „interkulturellen Kompetenz“? Hat man diese oder muss man diese Kompetenzen erlernen? Muss interkulturelle Kompetenz nicht noch viel stärker während der Ausbildung gelehrt werden, etwa an den Hochschulen?

Ich beschäftige mich seit fast zwanzig Jahren mit diesem Thema. Das 2008 in Deutschland veröffentlichte BuchInterkulturelle Kompetenz als Prozess – Modell und Konzept für das Germanistikstudium“ und das 2016 in China veröffentlichte Buch „Inhaltliche Bedeutung und Förderung interkultureller Kompetenz — am Beispiel der Fremdsprachenstudierenden an chinesischen Hochschulen (《跨文化能力内涵与培养 — 以高校外语专业大学生为例》) “ zeigen meine Forschungsergebnisse.

Wenn ich mein Verständnis zum Konzept der interkulturellen Kompetenz in ein paar kurzen Sätzen zusammenfassen sollte, würde ich sagen, dass interkulturelle Kompetenz die Fähigkeit ist, in interkulturellen Kommunikationssituationen sowohl die Ausgangskultur als auch die fremde Kultur auf affektiver, kognitiver und konativer Ebene zu berücksichtigen, diese aktiv zu nutzen und mit Mitgliedern einer anderen Kultur über ihre jeweiligen Erfahrungen und Erwartungen zu interagieren, um eine angemessene, und effektive Kommunikation zur Zufriedenheit aller Teilnehmer zu ermöglichen, harmonische Beziehungen und eine langfristige Zusammenarbeit aufzubauen und nachhaltig zu pflegen.

Interkulturelle Kompetenz ist keine Fähigkeit, die ein Individuum nach einmaliger Aneignung ein für alle Mal besitzt, sondern ein lebenslanger Lernprozess, der auf mehreren Ebenen stattfindet. Interkulturelle Kompetenz ist auch keine Zusatzkompetenz, die von der Persönlichkeit isoliert betrachtet werden kann, sondern ist integraler Bestandteil davon.

Warum ist die Kommunikation zwischen unterschiedlichen Kulturen so schwierig?

Ich möchte nicht pauschal annehmen, dass die Kommunikation zwischen Angehörigen verschiedener Kulturen notwendigerweise schwieriger ist als diejenige zwischen Angehörigen derselben Kultur. Wenn die Herausforderungen der interkulturellen Kommunikation zu sehr in den Fokus gestellt werden, besteht die Gefahr, dass interkulturelle Missverständnisse und sogar Konflikte zu einer Art „selbsterfüllenden Prophezeiung“ werden.

Ganz im Gegenteil ist es für Fremdsprachenlehrkräfte in der Hochschulbildung wichtig, das Interesse und die Neugierde an fremden Kulturen zu fördern und so den Weg zu einer positiven Einstellung zur interkulturellen Kommunikation zu ebnen. Auch bin ich davon überzeugt, dass man dazu ermutigen sollte, sich kontinuierlich im Prozess der interkulturellen Kommunikation einzubringen,  dabei das Interesse an der chinesischen Kultur zu steigern und das kulturelle Selbstvertrauen zu stärken. Studierende haben in der interkulturellen Praxis die Gelegenheit zu erkennen, dass „alle Lebewesen wachsen und in der Natur gedeihen und sie einander nicht schaden. Alle Wahrheiten existieren gleichzeitig, sie widersprechen einander nicht“.

Verschiedene Kulturen können harmonisch koexistieren und haben viele Gemeinsamkeiten. Ihre Ausdrucksformen unterscheiden sich, doch Ihr Wesen ist ähnlich. Wir sollten in diesem Sinne Gemeinsamkeiten suchen und Unterschiede bewahren, sogar kulturelle Unterschiede aktiv nutzen, um Synergie-Effekte zu erzielen und in gemeinsamen Anstrengungen innovative Lösungen für kulturübergreifende Probleme zu finden.

Was würden Sie chinesischen Studierenden mitgeben? Wie holen sie das meiste aus ihrer Auslandserfahrung heraus?

Obwohl ein Auslandsstudium einige interkulturellen Herausforderungen mit sich bringt, ist ein Aufenthalt im Ausland die ideale Chance, die eigene interkulturelle Kompetenz zu verbessern. Es ist zu hoffen, dass chinesische Studierende den Mut entwickeln, im Ausland aus ihrer Komfortzone auszubrechen, fremden Kulturen mit Offenheit, Respekt und Toleranz entgegenzutreten und versuchen diese zu verstehen und kennenzulernen. So können sie ihr interkulturelles Einführungsvermögen und ihre kulturübergreifende Sensibilität verbessern, ihre Erfahrungen in einen Kontext setzen und diese reflektieren.

Gleichzeitig müssen sie mehr über chinesische Kultur lernen, um besser mit Angehörigen anderer Kulturen auf einer gleichberechtigten Basis zu kommunizieren. Ich hoffe demnach, dass ein Auslandsstudium chinesischen Studierenden nicht nur dabei hilft, ihre fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu entwickeln, sondern das Auslandsstudium auch ihre interkulturelle Kompetenz fördert, ihre interkulturelle Persönlichkeit stärkt und sie zum lebenslangen Lernen befähigt.

Liebe Prof. PAN, es war mir eine Ehre mit Ihnen zu sprechen!

Das Gespräch führte Melanie Späthe, stellvertretende Leiterin der DAAD-Außenstelle Peking

HUANG Hongzi, Präsidentin des Deutschen Medien Verlages der Region China, und der Plattformen IndustryStock.com und Diribo

HUANG Hongzi ist Präsidentin des Deutschen Medien Verlages der Region China, der mit IndustryStock.com und Diribo zwei weltweit agierende B2B-Plattformen speziell für Industrieunternehmen und deren Dienstleister betreibt. Zu Frau HUANGs Verantwortlichkeitsbereichen gehört die Förderung der Handels- und Technologiekooperation zwischen chinesischen und europäischen Sensorunternehmen. Darüber hinaus sieht sich HUANG Hongzi  ebenfalls als Kulturbotschafterin, die es sich zum Ziel gemacht hat, den kulturellen Austausch zwischen Deutschland und China zu fördern. Dafür teilt sie regelmäßig Informationen über Projekte in Deutschland auf ihren chinesischen social-media Kanälen TikTok und WeChat – und das mit sehr großer Reichweite! Ihre Kanäle „A Zi in Deutschland“(阿Zi闯德国) und „Schwester Bobei“(柏北姐) haben derzeit über 200.000 Follower.

Name: HUANG Hongzi (黄虹梓)
Wohnort: Berlin, Guangzhou
Beruf: Präsidentin der „Region Großchina“, Deutscher Medien Verlag GmbH
Universität in Deutschland: TH Bingen
Wohnorte in Deutschland/Europa: Berlin
Hauptfach in Deutschland: Energie- und Prozesstechnik
DAAD-Stipendienprogramm: Chinesisch-Deutsche Hochschule für angewandte Wissenschaften (CDHAW) der Tongji Universität

Frau HUANG, Sie haben an der CDHAW der Tongji Universität einen deutsch-chinesischen Doppelabschluss erworben. Können Sie als Absolventin des „best practice models“ deutsch chinesischer Bildung Ihre Erfahrung mit uns teilen?

Dieses Programm hat mir so viel gegeben, dass es mir vermutlich gar nicht gelingt, dies alles festzuhalten. Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit für die Umsetzung dieses wundervollen Programmes sehr bedanken. Ich schätze die Impulse sehr, die ich von vielen bekannten Dozentinnen und Dozenten erhalten konnte; insbesondere gilt mein Dank an Dekan Prof. Dr. FENG Xiao, der mir auch nach Abschluss stets mit Rat und Tat zur Seite stand. Zu Dank verpflichtet bin ich auch meinen Mitstudierenden, für ihre Hilfe und ihren positiven Einfluss sowie dem starken Netzwerk, das uns trotzdem wir auf der ganzen Welt verteilt leben, in Verbindung hält. Ich habe dadurch stets das Gefühl, dass ich dadurch die Kraft erhalte, meine Arbeit fortzusetzen und meinen Weg immer weiterzugehen.

Die Studienerfahrung in Deutschland ist für mich außerordentlich wertvoll gewesen und hat meinen Lebensweg stark beeinflusst. Als ich nach Deutschland kam, lernte ich nach meinem Abschluss viele Industrieunternehmen kennen. Damals erhielt ich erste Einblicke in globale B2B-Industrieplattformen und mein Interesse hatte sich daran entfacht. Am Ende so sehr, dass ich, als die Sensorplattform diribo durch den Deutschen Medien Verlag aufgekauft wurde, sogar investierte und Teilhaberin der diribo GmbH wurde.

Die im Studium erlernten Deutschkenntnisse, das Fachwissen und die Denkweise der Deutschen kommen mir heute noch zugute. Diverse Kommunikationsmittel, eine solide fachliche Grundlage, die Angewohnheit, Prioritäten zu setzen und die Fähigkeit, schnell zu lernen, sind die hier erlernten Grundpfeiler meines Handelns. Die Sensorbranche ist Neuland für mich. Aber dank der eben genannten Kompetenzen war ich zuversichtlich, dass ich mich schnell in diese neue Branche einarbeiten kann. Jedes Mal, wenn mir das Leben Herausforderungen beschert, denke ich an meine Studienzeit und rufe mir dies in Erinnerung und gewinne Selbstvertrauen.

Was war Ihr interessantestes Erlebnis in Deutschland?

Als eine Amateurbadmintonspielerin habe ich den ersten Platz im Dameneinzelwettbewerb Südwestdeutschland erhalten und gegen eine Nationalspielerin gewonnen.  Diese Nachricht wurde sogar in der Zeitung veröffentlicht. Was für ein Highlight!

Wenn Sie an Ihre Zeit im Ausland denken, gibt es Situationen, die Sie besonders geprägt haben?

Ich erinnere mich an zwei Dinge. Erstens: einen Plan erstellen. Als Praktikantin wurde ich von Kollegen beauftragt, einen „Plan für Pläne zu machen“. Ich war darüber zunächst ziemlich verwundert, dass man einen Plan für weitere Pläne schreiben solle. Sowohl im Praktikum als auch im Berufsleben muss man sich immer zunächst ein Ziel setzen und dieses in weitere Teilziele und in kleinere Aufgaben einteilen, diese wiederum gut planen und dadurch eine Arbeitsgrundlage schaffen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten ist dies nun zu meiner Gewohnheit geworden. Obwohl oft etwas Unerwartetes vorkommen kann, was zur Änderung des Plans führt, machen gute Pläne das Arbeiten effizienter und entspannter.

Zweitens: Details Details Details. Hahaha. Die Schriftgröße der gleichen Ebene einer PPT sollte immer einheitlich sein. Die Position der Überschriften sollten gerade ausgerichtet werden etc.

Jede Firma hat eigene Standardvorgaben für Schlagworte. Als ich zum ersten Mal eine PPT erstellen musste, achtete ich nicht so sehr z.B. auf die Position der Überschriften. Mein Vorgesetzter gab mir daraufhin eine kurze Einführung. Damals wunderte ich mich, dass mein Chef dies sich so zu Herzen nahm. Aber später stellte ich fest, dass diese Detailtreue uns half, den Respekt von Kunden zu gewinnen. Kunden teilten uns mit, dass sie sich aufgrund unserer Professionalität und dieser Sorgfalt sich für die Zusammenarbeit mit uns entschieden hatten. So lernte ich: Sorgfalt bei der Durchführung von Projekten verringert die Fehlerquote und der Schlüssel zum Erfolg.

Wie war es für Sie, als Frau in einem von Männern dominierten Studienfach zu studieren? Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Mir war es während meines Studiums nicht im Bewusstsein, dass dies ein männerdominiertes Studienfach sei, im Prinzip hatte ich andere Sorgen.

Ich habe keine genaue Definition von Erfolg, sondern kann nur wiedergeben, was mir beim persönlich geholfen hat: Ich bemühe mich, körperlich und geistig aktiv zu bleiben. Jede Woche treibe ich mehr als fünf Stunden Sport! Auch auf Dienstreisen achte ich darauf zum Badminton oder ins Fitnessstudio zu gehen egal wie voll mein Terminkalender wird. Besonders auf Dienstreise arbeite ich gefühlt rund um die Uhr: ich schreibe nachts Berichte und muss tagsüber ein Meeting nach dem anderen abhalten, das kann sehr anstrengend sein. Aber meine körperliche und geistige Stärke hilft mir dabei sehr, solche Stressphasen gut zu überstehen. Auch wer zu viele Dinge gleichzeitig macht, wird schneller erschöpft. Wenn man sich hingegen auf eine Aufgabe konzentriert, ist man nicht nur effizienter, sondern arbeitet auch qualitativ hochwertiger.

Wie hat sich Ihre Karriere nach dem Stipendium entwickelt? Hat Sie Ihr Aufenthalt in Deutschland inspiriert?

Ein wichtiger Teil meiner Arbeit ist die Zusammenarbeit mit chinesischen und deutschen Unternehmen. Vor allem bei Industrieprojekten können die Arbeitsprozesse komplex werden. Auch gibt es große Unterschiede in der Denkweise, den Geschäftsgewohnheiten und auch den Verhaltensweisen. So muss ich die aufkommenden (kulturellen) Missverständnisse beheben, die gemeinsamen Interessen beider Seiten finden, um damit das Projekt weiter voranzutreiben.

Da ich in Deutschland studiert und gearbeitet habe, habe ich viele Dinge erlebt, die mir in China bisher unbekannt waren. Nun habe ich eine Ahnung davon, wie die Deutschen tatsächlich denken.

Sie legen ihre Arbeitszeiten gerne im Voraus fest und ändern sie nur unter besonderen Umständen. Deutsche Arbeitnehmende wollen im Urlaub nicht gestört werden. Bei Fragen oder Problemen muss man warten, bis er/sie aus dem Urlaub zurückkommt.

Bei der Projektbegleitung kann ich beide Seiten entsprechend nachvollziehen und bin so in der Lage, allen die jeweils andere Seite besser verständlich machen. Ich antizipiere immer wieder aufkommende Schwierigkeiten und kann Lösungsansätze vorschlagen.

Was würden Sie aufstrebenden Frauen mit auf den Weg geben?

Aufstrebende Frauen brauchen im Allgemeinen keine Ratschläge von mir. (Lacht herzlich) Ich kann nur sagen, dass ich rückblickend für drei Dinge dankbar bin.

Erstens: Neue Dinge und Arbeitsweisen ausprobieren und eine Liebe zur Herausforderung zu entwickeln.

Industrystock und diribo sind zwei Plattformen, die ich als Geschäftsführerin aufgebaut habe, um sie in China zu betreiben. Nach einer Marktanalyse haben mein Team und ich beschlossen, für China ein anderes Werbe- und Geschäftsmodell, als für andere Länder zu entwickeln. Ein neues Modell birgt gewisse Risiken und wir mussten einige Ansätze immer wieder verwerfen. Glücklicherweise konnten wir die gröbsten Probleme lösen und mittlerweile wachsen beide Plattformen nun stetig und übertreffen sogar die Erwartungen unserer Zentrale.

Das Gleiche gilt für meine Social-Media-Kanäle. Als ich 2020 die rasante Entwicklung von TikTok in China mitverfolgte, wollte ich unbedingt auch auf den Zug aufspringen. Meine deutschen Kolleginnen und Kollegen waren nicht sehr optimistisch, dass TikTok zur Geschäftsentwicklung förderlich sein könnte. Diese App galt zu diesem Zeitpunkt in Deutschland nur als Unterhaltungsplattform. Trotz allen Widerstandes konnte ich sie überzeugen: Man muss den ersten mutigen Schritt wagen und auf dem Weg ständig dazulernen. Inzwischen haben wir über TikTok viele sachkundige Menschen kennengelernt, darunter viele Unternehmer, und einige interessante Projekte durchgeführt.

Ich muss mich dabei bei meinem Chef bedanken, der mir viele Freiräume gelassen hat. Ein Satz von ihm beeindruckt mich immer noch: „Wir kennen den chinesischen Markt auch nicht. Probieren Sie es aus. Es gibt kein Scheitern, wenn Sie nicht unter der gleichen Prämisse erfolgreich waren.“

Zweitens: Ich bestehe darauf, ein Tagebuch zu führen und Artikel zu schreiben. Ich schreibe alles nieder, was mir geschieht und reflektiere oft, wo ich besser hätte sein können. Dieser Output ist also mein wichtigster Input. Schreiben ist daher für mich ein Prozess der Neubewertung und der Reflexion.

Drittens: Finden Sie etwas, das Sie lieben, und setzen Sie sich dafür ein. Wenn man sich auf eine Sache konzentriert und sie ernsthaft anstrebt, wird die Inspiration von alleine kommen und die passenden Partner (oder auch Partnerinnen).

„Wenn du träumen kannst – und dich von den Träumen nicht meistern läßt, wenn du jede unnachgiebige Minute ausfüllen kannst mit sechzig Sekunden Langstreckenlauf, sodann ist die Erde und alles, was sie enthält, dein.“ Rudyard Kipling

Vielen herzlichen Dank für Ihre offenen Worte und ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg und Durchhaltevermögen!

Das Gespräch führte Melanie Späthe, stellvertretende Leiterin des DAAD-Außenstelle Peking

Frauen in der Wissenschaft weltweit

In Afrika sind Frauen in der Forschung, wie in vielen anderen Teilen der Welt, noch stark unterrepräsentiert. Doch es gibt auf dem zweitgrößten Kontinent der Erde viel Bewegung und positive Beispiele für akademische Frauenförderung.

Lesen Sie dazu den auf daad.de veröffentlichten Artikel über die Situation der Wissenschaftlerinnen in Afrika und insbesondere drei Spitzenfrauen, die in den Feldern Klimawandel, nachhaltige Landwirtschaft und Public Health forschen.

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